Gestern Abend haben die drei Kandidierenden für das Gemeindepräsidium in
Bolligen die Klingen gekreuzt. Amtsinhaberin Margret Kiener Nellen (sp) fühlt
sich fit für eine dritte Amtsdauer. Rudolf Burger (bp) hält die Zeit reif für
einen Wechsel, und Erich Sterchi (svp) will für ein gutes Klima im Dorf sorgen.
«Es ist die Zeit des Lächelns», sagte Gesprächsleiter Jörg
André, Redaktor beim Regionaljournal von Schweizer Radio DRS, bei der
Begrüssung. Rund 200 Personen verfolgten gestern Abend das überparteiliche
Wahlpodium im Reberhaus in Bolligen. Es sei ein wahnsinnig faszinierendes Amt,
sagte Margret Kiener Nellen (sp), seit acht Jahren Gemeindepräsidentin von
Bolligen. «Es nimmt einem den Ärmel rein.» Sie wolle weiterhin anpacken und
nicht etwa loslassen, sagte die Nationalrätin und Anwältin. Die Faszination des
Amtes verspürt auch Erich Sterchi (svp), derzeit Vizegemeindepräsident und als
Gemeinderat zuständig für das Ressort Tiefbau. Das Amt reize ihn, sagte der
Meisterlandwirt. Er sei von vielen angesprochen worden, er solle doch
kandidieren. «Es gehört zu meinem Demokratieverständnis, dass es eine Auswahl
gibt.» Sterchi will für ein gutes und menschliches Klima im Dorf sorgen.
Abnützungserscheinungen? Die Zeit
sei reif für einen Wechsel, sagte Rudolf Burger von Bolligen Parteilos,
stellvertretender Chefredaktor beim «Bund». Er will frischen Wind in die
Bolliger Politik bringen. «Es gibt Abnützungserscheinungen.» Sie sei zwar wie
ein «Fahrzeug auf dem Prüfstand», fühle sich aber fit für eine dritte
Legislatur, entgegnete Margret Kiener Nellen. Am 26.
August erlebte Bolligen eine historische Gemeindeversammlung. Grosse Teile der
Ortsplanungsrevision wurden bachab geschickt. Nicht weniger als 1300 Bürgerinnen
und Bürger nahmen daran teil, rund zehn Mal so viel wie bei «normalen»
Gemeindeversammlungen. Die Ortsplanungsrevision sei zerpflückt, in die
Einzelteile zerlegt worden, sagte Gesprächsleiter Jörg André im Rückblick.
«Welche Lehre ziehen Sie nun daraus?», fragte er die Kandidierenden.
Kleinere Brötchen backen Man
hätte das Nein nicht in ein Ja umbiegen können, gab sich Burger überzeugt. Man
müsse die Gemeinde bescheiden weiterentwickeln. Kiener Nellen meinte, die
Bewohnerinnen und Bewohner betroffener Quartiere müssten besser einbezogen
werden. Sterchi will Ruhe einkehren lassen und das Volksnein respektieren.
«Manchmal muss man als Politiker auch das Gras wachsen hören.» Alle drei wollen
in der nächsten Legislatur keinen neuen Kraftakt in Sachen Ortsplanung
riskieren. Ob man nicht vor einem Scherbenhaufen stehe, hakte André nach. «Wir
müssen mit jenen Bausteinen bauen, die wir haben», sagte Kiener Nellen. Als
Beispiel nannte sie das Projekt für die Alterswohnungen im Lutertal. Zu diesem
Punkt der Ortsplanung hatten die Stimmbürger Ja gesagt. Ansonsten würden aber
weniger Schultern die Infrastrukturkosten tragen müssen.
Burger betonte die Wichtigkeit von guten Schulen. In Zukunft
müsse man aber unter Umständen auch den Gürtel enger schnallen. Er halte es
nicht für realistisch, dass die Steuern gesenkt werden könnten. Dem pflichtete
auch Sterchi bei, der für einen «flexiblen Steuerfuss» plädierte. Kiener Nellen
will sich für das heutige Dienstleistungsangebot einsetzen, auch wenn der
finanzielle Spielraum in Zukunft enger werden sollte.
Die Gemeindewahlen in Bolligen finden am 9. November statt. Ein
eventueller zweiter Wahlgang ist auf den 30. November angesetzt.
Der Bund, Simon Wälti [16.10.08]
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